PeerTube: Peer-to-Peer Videos ohne Werbeeinblendungen
Ist Mastodon das Pendant zu Twitter, so kann man PeerTube als das Gegenstück zu YouTube betrachten. Auch hier gilt wieder: zahlreiche unabhängige Instanzen, die untereinander kommunizieren können – statt eines kommerziellen, zentralisierten Services, der die Arena monopolisiert.
In dieser Artikel-Serie:
- Teil 1: Das Fediverse – die bessere Social-Media-Welt?
- Teil 2: Mastodon: Microblogging in freundlicher Atmosphäre
- Teil 3: PeerTube: Peer-to-Peer Videos ohne Werbeeinblendungen
- Teil 4: Weitere dezentrale Dienste
- Teil 5: Apps
Was ist PeerTube?
PeerTube ist ein Video-Service, der sich am ehesten mit YouTube vergleichen ließe. Anders als YouTube handelt es sich jedoch nicht um einen zentralisierten Service: Wie im Fediverse üblich, ist es eher ein Verbund von Instanzen, die ein gemeinsames Protokoll verwenden.
Auch die Software, mit welcher diese Instanzen betrieben werden, steht quelloffen zur Verfügung. Prinzipiell kann also, wer immer Lust hat, eine eigene Instanz betreiben. So gibt es laut Statistiken im Januar 2020 bereits ein halbes Tausend Instanzen, mehr als 30.000 User, über 150.000 Videos mit einer Gesamtgröße von über 50 Terabyte. Die Grafiken dort belegen außerdem ein Wachstum von über 30% (Instanzen) resp. fast 40% (Videos) innerhalb der letzten vier Monate. Zuletzt wurden etwa 7 Millionen Videos pro Tag abgerufen. Die realen Werte liegen wahrscheinlich höher, da hier nicht alle Instanzen erfasst sind.
Wie bei YouTube, kann man ohne Anmeldung die Videos durchforsten und ansehen. Mit PeerTube Index gibt es sogar eine zentrale Suchmaschine, mit der sich Videos und Instanzen aufspüren lassen. Hat man bereits einen Account bei Mastodon, kann man auch Konten bzw. ihren Kanälen folgen; sogar Kommentare lassen sich per Mastodon hinterlassen.
Mit einem PeerTube Konto ist es schließlich möglich, selbst Videos einzustellen. Bevorzugt lädt man natürlich eigenes Material hoch – aber auch ein Import aus anderen Quellen ist machbar. Auf diese Weise können YouTuber ihre Videos auf einfache Weise parallel im Fediverse verfügbar machen, ohne sie erneut vom eigenen Rechner hochladen zu müssen.
Für die Video-Übertragung greift PeerTube auf WebTorrent zurück. Je mehr User also das selbe Video zur selben Zeit schauen, desto schneller lädt es: Wie bei BitTorrent, stellt man heruntergeladenes nämlich gleichzeitig anderen zur Verfügung.
Hinter PeerTube steht der französische gemeinnützige Verein FramaSoft, der für seine zahlreichen privatsphäre-freundlichen Tools bekannt ist; ihre Heimat-Instanz ist FramaTube. Ziel des Projektes war und ist es, eine Alternative zu zentralisierten Video-Plattformen wie YouTube, Vimeo, und Dailymotion zu schaffen. Ein Programmierer namens Chocobozzz begann 2015 mit der Umsetzung; die erste öffentliche Version (v1.0.1) wurde Ende Oktober 2018 freigegeben. FramaSoft kontaktierte Chocobozzz 2017; um ihn und seine Arbeit zu unterstützen, nahm FramaSoft ihn schließlich unter Vertrag und stellte ihn bei sich an.
Weitere Details lassen sich der Homepage sowie dem englischen Wikipedia Artikel entnehmen; ein kurzes Einstiegs-Video findet sich auch auf PeerTube (leider nur in englischer Sprache – aber zumindest mit deutschen Untertiteln).
Was hat es mit den Instanzen auf sich – und wie wähle ich eine passende aus?
Wie schon bei Mastodon gilt es bei PeerTube zunächst, sich eine Heimat-Instanz zu suchen – zumindest, wenn man aktiv mitmachen möchte. Und auch bei PeerTube gibt es mehrere Anlaufstellen mit Instanz-Listen. Etwa in deutscher Sprache mit Filterfunktion und kurzer Beschreibung zu jeder gelisteten Instanz(1) – oder auf Englisch mit technischen Details(2). Es empfiehlt sich durchaus, beide zu konsultieren:
- Passt das Thema zu meinen Interessen? (Liste 1)
- Ist die Instanz nicht zu groß oder zu klein? (Liste 2)
- Hält der Betreiber die Software auf dem aktuellen Stand? (Liste 2)
- In welchem Land steht der Server? (Liste 2)
- Lässt die Instanz gerade neue Registrierungen zu? (Liste 2)
- Will man hauptsächlich stöbern: Anzahl lokal und insgesamt verfügbarer Videos; Instanzen, denen gefolgt wird („Following”) (Liste 2)
- Möchte man eigene Videos gefunden wissen: Instanzen, die folgen („Followers”), Users (Liste 2) – aber auch, wieviel Speicherplatz man für eigene Videos erhält (Liste 11)
Hat man ein paar passende Instanzen gefunden, gilt es diese zu besuchen, um weitere Details in Erfahrung zu bringen:
- Welche Sprache(n) werden lokal verwendet
- Regeln der Instanz (z. B. welche Inhalte sind erlaubt)
- Ein paar Videos aus der lokalen Zeitleiste anspielen: Geht das flüssig – oder stockt und rumpelt es?
Erste Schritte: PeerTube nutzen
Für den reinen Konsum bedarf es nicht einmal eines Accounts: Einfach mit dem Web-Browser die gewünschte Instanz ansteuern, stöbern und interessante Videos anschauen. Einem Nutzer oder Video-Kanal kann man auch mit einem Mastodon-Konto oder sogar per RSS Feed folgen, indem man auf den zugehörigen „Abonnieren“ Button klickt – wie im Screenshot dargestellt.
Will man jedoch aktiv mitmachen, kommentieren, und eigene Videos einstellen, muss man sich zunächst registrieren. Zur Anmeldung gelangt man bei der Instanz der Wahl über den „Konto erstellen“ Button in der oberen linken Ecke; der Anmelde-Prozess selbst läuft analog zu dem bereits im Artikel zu Mastodon beschriebenen.
Nutzer-Konto anlegen
Zur Erstellung eines Nutzer-Kontos führt man einfach die folgenden Schritte aus:
- auf den mit „Konto erstellen“ beschrifteten Button klicken. Damit gelangt man zur hier dargestellten Seite.
- Details zur ausgewählten Instanz nachlesen: Passt sie wirklich zu mir? Bitte insbesondere die Besonderheiten und den „Code of Conduct” (Verhaltensregeln) beachten, der sich auch mit den „Bestimmungen“ überschneiden kann.
- Passt alles? Dann gilt es, das kurze Anmelde-Formular auszufüllen und abzuschicken. Anschließend erhält man eine Email, um Ihre Registrierung zu bestätigen – damit nicht etwa jemand in fremdem Namen ein Konto eröffnet.
Anders als bei YouTube, kann man bei PeerTube nahezu beliebig viele Video-Kanäle unter einem Konto erstellen und pflegen. Im Rahmen der Registrierung wird zumindest ein solcher Kanal erstellt, weitere lassen sich jederzeit hinzufügen. Das bietet sich beispielsweise an, um themenspezifische Videos zusammen zu fassen, sodass Interessierte uns gewählt folgen können.
Einloggen
Hat man ein Nutzer-Konto erfolgreich angelegt und verifiziert, führt der „Anmelden” Button zum Login. Hier meldet man sich mit Email-Adresse bzw. dem vergebenen Nutzernamen und Passwort an.
Einstellungen überprüfen und anpassen
Ein Klick auf den vergebenen Anzeigenamen bringt uns zu den Einstellungen für das Konto. Hier lässt sich ein Avatar-Bild festlegen, der Anzeigename ändern, eine kurze Beschreibung zur Person bzw. zum PeerTube-Konto verfassen – aber auch bestimmen, was uns wie angezeigt werden soll. In weiteren Reitern finden sich hier bisher erhaltenen Benachrichtigungen (z. B., wenn jemand einen der eigenen Kanäle abonniert hat, oder in einem von uns abonnierten Kanal neue Videos eingestellt wurden), lassen sich unsere Kanäle, Videos und Abonnements verwalten („Meine Bibliothek“), und mehr.
Interessante Inhalte, Leute und Kanäle finden sowie ihnen folgen
Ähnlich zu Mastodon, kann man auch bei PeerTube in verschiedenen Zeitleisten stöbern, die sich im linken Rahmen unter „Videos“ finden:
- Lokal: Videos auf der eigenen Instanz
- Kürzlich hinzugefügt: neueste Videos auf der eigenen Instanz
- Beliebt: Videos der eigenen und aller von ihr gefolgten Instanzen, die in den letzten 7 Tagen besonders häufig aufgerufen wurden
- Entdecken: hier sind die Videos der eigenen und aller von ihr gefolgten Instanzen thematisch zusammengefasst
Für weiteres empfiehlt sich die Suche, die sich in der oberen rechten Ecke findet. Sie ist nicht auf die eigene Instanz beschränkt – sondern umfasst alle Instanzen, denen die eigene Instanz folgt. Weitaus mehr Instanzen werden von der Suche auf dem PeerTube Index erfasst.
Einen interessanten Kanal gefunden, und nun soll dem gefolgt werden? Wie weiter oben unter „Erste Schritte“ aufgezeigt, kann man dies über den „Abonnieren“ Button tun. Dort einfach „Mit deinem lokalen Konto abonnieren“ wählen, um mit dem eigenen PeerTube-Konto zu folgen.
Eigene Videos hochladen
Auf einem der vorigen Screenshots habt ihr sicher bereits den mit „Hochladen“ beschrifteten Button entdeckt. Erwartungsgemäß bringt dieser uns zu einem Formular, mit dem sich unseren Kanälen Videos hinzufügen lassen.
Der Screenshot zeigt, wie man eine lokale Video-Datei hochlädt. Die unterstützten Dateiformate können sich je nach Instanz unterscheiden. Man wählt den Kanal aus, dem das Video hinzugefügt werden soll – und legt auch die Sichtbarkeit fest:
- Öffentlich: Das Video kann von jedem Besucher gesehen werden (angemeldet oder nicht)
- Nicht gelistet: Das Video taucht nicht in Zeitleisten auf.
- Privat: Das Video ist nur für uns privat sichtbar.
- Geplante Veröffentlichung: Das Video soll erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden (dann legt man die Sichtbarkeit neu fest)
Wenn unsere Instanz dies zulässt, können Videos auch über URLs von anderen Websites importiert werden. Dies ist besonders nützlich, wenn man beispielsweise bereits einen YouTube-Kanal betreibt – dann kann man dort schon hochgeladenen Videos einfach in die eigenen PeerTube-Kanäle übernehmen. Neben YouTube werden auch eine ganze Reihe weiterer Quellen unterstützt. Ein Import über Torrents (dritter Reiter) ist ebenfalls möglich, sofern die Instanz dies freigeschaltet hat.
Video-Details bearbeiten
Details zu unseren Videos können wir auch jederzeit im Nachhinein bearbeiten. Neben einem Titel können wir Videos eine Beschreibung geben und ihnen Tags (wie schon bei Mastodon, macht sie das leichter auffindbar) sowie eine Kategorie zuweisen. Auch der Kanal lässt sich nachträglich ändern. Wird im Video eine bestimmte Sprache gesprochen (und nicht nur Musik hinterlegt), sollte auch diese hier zugewiesen werden: In den Konto-Einstellungen kann man nämlich ebenfalls festlegen, welche Sprachen man sehen möchte.
In weiteren Reitern lassen sich Untertitel hinzufügen, das Vorschau-Bild anpassen, und mehr. Für die Beschreibungen kommt übrigens Markdown zum Einsatz – womit sich einfache Formatierungen wie Überschriften, fett/kursiv, Links und auch Listen im Handumdrehen umsetzen lassen. Wer noch nie mit Markdown gearbeitet hat, findet im verlinkten Wikipedia-Artikel auch eine kleine Referenz.
PeerTube per App nutzen
Wer auch unterwegs nicht auf PeerTube verzichten, und es daher auf dem Mobilgerät per App nutzen möchte: Auch das ist möglich. Die App-Auswahl ist hier jedoch etwas kleiner als bei Mastodon – und derzeit beherrscht noch kein Client das Hochladen von Videos:
- Thorium ist ein dedizierter PeerTube-Client für Android, der bei F-Droid und im Google Play Store gratis erhältlich ist
- P2Play findet sich nur bei F-Droid – und ist aktuell der Client mit der meisten PeerTube-Funktionalität
- Fedilab gibt es gratis bei F-Droid und kostenpflichtig im Google Play Store. Dieser Client kann neben PeerTube auch mit Mastodon, Pleroma, GNU Social und Friendica benutzt werden.
- der freie YouTube-Client NewPipe kann seit kurzem auch mit PeerTube umgehen – sofern es einem nur um das Konsumieren von Videos geht.
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die hier angegebene Menge ist der initial nach der Anmeldung zur Verfügung gestellte Platz; i. d. R. stellen einem die Admins auf Rückfrage (und in gewissem Rahmen) auch weitere Kapazitäten zur Verfügung, sofern möglich. ↩︎